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Entwicklungen auf dem Stellenmarkt 1950 - 2000
Zusammenfassung wichtiger Ergebnisse
1. Struktur der Nachfrage auf dem Stellenmarkt
2. Art der ausgeschriebenen Stellen
3. Qualifikationsanforderungen
4. Soft skills, Persönlichkeit und Arbeitseinstellung
5. Arbeitsmarktsegregation
6. Stelleninserate als Rekrutierungskanal
7. Stellenangebote auf dem Internet
1. Struktur der Nachfrage auf dem Stellenmarkt
Die Branchenverteilung der inserierenden Betriebe entwickelt sich
weitgehend im Einklang mit dem Wandel der schweizerischen Branchenstruktur
seit den fünfziger Jahren. Deutlich rückläufig ist
der Anteil der Stellen in der Land- und Hauswirtschaft während
gleichzeitig die sekundären Dienstleistungen stark expandieren.
Insbesondere kommt ein wachsender Teil der Stellenangebote aus den
Bereichen Finanzdienstleistung, Beratung, Planung, Bildung, Gesundheit
und öffentliche Verwaltung. Beschleunigt wird diese Entwicklung
in jüngerer Zeit, in der auch die Industrie als Arbeitskräftenachfrager
deutlich an Bedeutung verliert. Innerhalb der Produktionsbranche ist
gleichzeitig eine Verlagerung hin zu besonders wertschöpfungsintensiven
Branchen zu beobachten (etwa Elektrotechnik und Elektronik).
Eine Analyse des Zusammenspiels zwischen Konjunkturschwankungen und
Strukturwandel zeigt, dass der Strukturwandel in den beiden Krisen
Mitte der siebziger sowie Anfang der achtziger Jahre deutlich gebremst
worden ist. Gerade die moderneren Branchen haben in der Krise kaum
noch aktiv Personal gesucht. Im jüngsten, 1990 einsetzenden Konjunktureinbruch
ist dies nun nicht länger der Fall. Vielmehr setzt sich der Wandel
der Branchenstruktur ungebremst fort. Dies verweist auf einen veränderten
Charakter der jüngsten Krise. Der gesamthafte Rückgang der
Arbeitsmarktnachfrage betrifft diesmal gerade die modernen Branchen
weniger als die traditionellen. Der aktuell zu beobachtende Zusammenbruch
der Nachfrage gerade in den bisher verschonten Bereichen sekundärer
Dienstleistungen (etwa Finanzdienstleistungen oder EDV) setzt erst
nach 2000 ein.
2. Art der ausgeschriebenen Stellen
Entsprechend der sich wandelnden Branchenstruktur ändert sich
auch die Struktur der nachgefragten Berufe. Dabei wird die Verlagerung
innerhalb des Dienstleistungsbereichs noch deutlicher: während
persönliche Dienste an Bedeutung verlieren und distributive Dienste
stagnieren, gewinnen soziale und insbesondere unternehmensbezogene
Dienstleistungen markant an Bedeutung. Im industriellen Bereich sind
es wiederum Techniker, Ingenieure und Spezialisten, die in zunehmendem
Masse gesucht werden.
Eine Analyse der in den Stelleninseraten zusätzlich zum Beruf
aufgeführten Tätigkeiten verweist auf einen Trend zur Ausdifferenzierung
und Destandardisierung: Offensichtlich ist die in der Berufsbezeichnung
selbstverständlich enthaltene Information über die zu erledigende
Tätigkeit immer weniger hinreichend, der Katalog explizit erwähnter
Tätigkeiten wächst stark an. Parallel dazu lässt sich
eine Verschiebung dieser Tätigkeiten hin zu sekundären Dienstleistungen
beobachten. Der diesbezüglich beobachtete berufsstrukturelle
Trend wird dadurch noch verstärkt. Die Gruppe der technischen
Spezialistenberufe belegt exemplarisch sowohl die quantitative Erweiterung
des Tätigkeitsprofils als auch den inhaltlichen Wandel eines
Berufsfeldes: War in den 50er Jahren noch das Konstruieren die wichtigste
explizit genannte Aufgabe, so muss in den 90er Jahren nicht nur geforscht
und analysiert, sondern gleichzeitig auch disponiert und beraten werden.
Deutlich steigende Tendenz, besonders in den 90er Jahren, zeigen Stellen
mit Führungsposition. Dies verweist auch auf eine sich ändernde
Personalpolitik der Unternehmen, bei welcher der interne Stellenmarkt
ein Stück weit an Bedeutung verliert.
Zeitlich reduzierte und befristete Anstellungen werden zunehmend häufiger
angeboten. Dennoch ist die unbefristete Vollzeitstelle nach wie vor
die Norm - dies entgegen den oft diskutierten Erwartungen an eine
durchgehend flexibilisierte Arbeitswelt. In dieselbe Richtung geht
die Feststellung, dass Heim- und Telearbeitsplätze im Stellenangebot
bisher statistisch bedeutungslos sind.
3. Qualifikationsanforderungen
Die Ansprüche an die Stellenbewerber sind hinsichtlich der mitzubringenden
Ausbildung in den letzten 50 Jahren deutlich gewachsen. Dabei wird
nicht nur immer häufiger eine Ausbildung verlangt, sondern auch
das durchschnittliche Niveau der verlangten Ausbildung steigt. Besonders
ins Gewicht fällt dabei der markante Rückgang an Stellen,
die auch Personen ohne Berufsausbildung offen stehen: Der "Jedermann-Arbeitsmarkt"
verliert markant an Bedeutung. Auslöser für die durchschnittlich
gestiegenen Ausbildungsanforderungen sind zwei sich ergänzende
Entwicklungen: die strukturelle Verschiebung hin zu Branchen und Berufsgruppen
mit an sich höheren Anforderungen (vgl. oben) und steigende Anforderungen
innerhalb der einzelnen Tätigkeitsfelder.
Erstmals in der ersten Hälfte der 80er Jahre, und dann besonders
auffällig in der zweiten Hälfte der 90er Jahre, steigt zudem
der Anteil an Stellen, für die explizit eine Weiterbildung vorausgesetzt
wird. Dabei sind es in allererster Linie Stellen, die bereits an die
Grundausbildung erhöhte Anforderungen stellen, die auch noch
eine Zusatzausbildung verlangen.
Seltener als eine formale Berufsausbildung, doch wesentlich häufiger
als eine Weiterbildung wird Erfahrung erwartet. Auch diese Forderung
erlebt in den 90er Jahren eine bemerkenswerte Steigerung und findet
sich ebenfalls häufiger bei Stellen, die bereits eine abgeschlossene
Ausbildung voraussetzen. Nur in relativ bescheidenem Ausmass und mit
leicht abnehmender Tendenz vermag Erfahrung eine Ausbildung zu ersetzen.
Ebenfalls steigend ist der Anteil an Stellen, für die Fremdsprachenkenntnisse
vorausgesetzt werden. Dabei sind es wiederum die 90er Jahren, wo diese
Zunahme weitaus am ausgeprägtesten ist.
Wir hatten festgestellt, dass die 90er Jahre - trotz der konjunkturellen
Schwäche - von einem anhaltenden Strukturwandel gekennzeichnet
sind. Dieser betrifft nicht nur die Struktur der Nachfrager auf dem
Stellenmarkt und die Art der ausgeschriebenen Stellen, sondern auch
die Erwartungen in bezug auf die Qualifikationen der Stellenbewerber.
Auffallend dabei ist, dass der noch einschneidendere Umbau der Branchenstruktur
in der Hochkonjunktur der 60er Jahre zwar in Bezug auf die Berufsausbildung
eine ähnliche Steigerung der Anforderungen mit sich bringt. Die
anderen genannten Qualifikationsaspekte (Weiterbildung, Erfahrung,
Sprachkenntnisse) zeigen indessen in keiner Phase eine mit den 90er
Jahren vergleichbare Entwicklung.
4. Soft skills, Persönlichkeit und Arbeitseinstellung
Während bei den "hard skills" über die letzten
50 Jahre eine markante Zunahme der Anforderungen festzustellen ist,
lässt sich bei den mehr persönlichkeitsbezogenen Stärken
eine Verschiebung der Gewichte feststellen. Traditionelle Arbeitstugenden,
welche die Seriosität, Anständigkeit und Ehrlichkeit, aber
auch die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit betonen, werden
kaum mehr erwähnt. Stattdessen treten zwei Bündel von Persönlichkeitsanforderungen
in den Vordergrund: einerseits solche, die primär die Anpassungsfähigkeit
an betriebliche Gegebenheiten betonen wie Flexibilität, Stressresistenz
und Teamfähigkeit (welche primär von Mitarbeitern ohne Leitungsfunktion
verlangt werden), andererseits ganz eigentlich unternehmerische Qualitäten,
welche sich auf methodische Kompetenzen wie Führungs- und Organisationsfähigkeit
beziehen, aber auch auf innere Stärken, welche die Selbstmotivation,
das Engagement und die Dynamik betonen (und in erster Linie mit dispositiver
Verantwortung und Führungsfunktionen verbunden sind).
Damit verändert sich auch die Vorstellung in bezug auf die Arbeitseinstellung:
Selbstverständlich soll der zeitgemässe Arbeitnehmer nach
wie vor seine Aufgabe erfüllen. Doch dies darf respektive soll
immer häufiger auch noch Freude und Spass bereiten - jedenfalls
gemäss den Angaben in den Stelleninseraten.
5. Arbeitsmarktsegregation
Der Arbeitsmarkt ist von einer ausgesprochen deutlichen - und über
die Zeit auffallend stabilen - Segregation nach Berufsfeldern geprägt:
Bau-, Industrie- und Gewerbeberufe, Techniker, Landwirtschaftsberufe
sowie Transport und Sicherheit sind Männerdomänen, Gastgewerbe,
Gesundheits- und Erziehungsberufe, Reinigungs-, kaufmännische
und Verwaltungsberufe sowie Verkaufsberufe sind primär Frauendomänen.
Neben diesem konstanten Unterschieden zeigt sich aber auch ein starker
Trend hin zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung. Dies trägt
aber nur sehr bedingt zum Ausgleich der Arbeitsmarktchancen bei, weil
davon in erster Linie wenig attraktive, gering qualifizierte (und
insbesondere auch Teilzeit-) Stellen betroffen sind, die ursprünglich
vor allem für Frauen angeboten wurden. Daneben gibt es allerdings
ein immer noch kleines Segment hochqualifizierter Stellen, die ursprünglich
fast ausschliesslich in der männlichen Form ausgeschrieben waren,
und nun zunehmend beiden Geschlechtern offen stehen. Eine Entwicklung,
die insbesondere in Grossbetrieben zu beobachten ist.
Am Beispiel des Gastgewerbes lässt sich aufzeigen, wie die qualifikations-
und funktionsmässige Aufwertung eines typisch weiblich dominierten
Berufsfeldes zum Abbau der Berufsfeldsegregation beiträgt, die
vertikale Segregation sich damit aber kaum ändert: Die häufiger
werdenden Stellenangebote für qualifizierte Fachkräfte und
Führungspositionen richten sich weit überdurchschnittlich
häufig an Männer.
6. Stelleninserate als Rekrutierungskanal
Das Stelleninserat informiert als vielseitiger Datenträger nicht
nur über Umfang und Art der Qualifikationsnachfrage auf dem Stelleninseratemarkt,
sondern auch über die Entwicklung der Kosten dieser Art der Personalsuche.
Innerhalb der letzten 50 Jahre sind die durchschnittlichen Inserierungstarife
der Printmedien kontinuerlich angestiegen. Die Auslagen der Betriebe
für Stelleninserate schwanken indessen beträchtlich entsprechend
dem Konjunkurverlauf mit der Gesamtzahl an inserierten Stellen. Eine
eigentliche Kostenexplosion' hat bei den preisbereinigten Inserierungskosten
pro ausgeschriebene Stelle stattgefunden - sie haben sich seit 1950
mehr als verzehnfacht, wobei vor allem in den 90er Jahren die durchschnittlichen
Inseratekosten nochmals deutlich zulegten. Verantwortlich dafür
ist in erster Linie die sich kontinuierlich vergrössernde Durchschnittsfläche
Inserate. Dabei sind aber wiederum grosse Differenzen festzustellen
zwischen Zentrum- und Peripherie-Printmedien: Überregionale Tageszeitungen
mit prominentem Stellenanzeiger haben teurere Stelleninserate, weil
sie massiv höherere Inseratetarife aufweisen als lokale Printmedien.
Sie ziehen zudem grössere Inserate an, weil sie den ebenso lukrativen
wie prestigeträchtigen Markt für Kaderstellen repräsentieren.
Wir interpretieren den langfristigen, die Konjunkturzyklen überdauernden
Trend zur Erhöhung der Inserierungskosten pro Stelle insbesondere
als Folge der im Durchschnitt zunehmend anforderungsreichen und stärker
ausdifferenzierten Stellenprofile, mit denen sich der betriebliche
Aufwand für Stellenbesetzung und Personalsuche allgemein erhöht
hat. Der langfristige Preisanstieg ergibt sich so gesehen aus dem
Zusammenspiel zwischen einem steigenden betrieblichen Inserierungsbedarf
einerseits und einer bis zum Aufkommen des Internets monopolähnlichen
Stellung des Zeitungsinserates für die Ausschreibung von Stellen
andererseits.
7. Stellenangebote auf dem Internet
Das Spektrum der auf den firmeneigenen Homepages ausgeschriebenen
Stellen unterscheidet sich deutlich von denjenigen in der Presse.
Es sind vor allem Grossbetriebe aus den Branchen Finanzdienstleistungen,
Handel sowie aus den Industriebereichen Elektronik, Metall und Maschinen,
die im Vergleich zur Presse stark überdurchschnittlich vertreten
sind, während umgekehrt das Bau- und Gastgewerbe nach wie vor
bevorzugt über die Presse rekrutieren. Auch in Bezug auf die
Qualifikationsanforderungen ist deutlich, dass eine auf dem Internet
ausgeschriebene Stelle im Durchschnitt deutlich höhere Ansprüche
stellt, auch wenn - wie in der Presse - die Stellen ohne spezifische
Qualifikation die grösste Kategorie bilden. Es ist somit davon
auszugehen, dass der Internetstellenmarkt nicht einfach ein Spiegelbild
der Presseinserate darstellt. Zuverlässige Angaben zum Verhältnis
der beiden Inserierungskanäle soll unsere nächste Firmenbefragung
liefern. |
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